2 Tote bei Rettungseinsatz mit Humanity 1

04.10.2025. Am Jahrestag des schweren Schiffsunglücks vor Lampedusa vor 12 Jahren sterben noch immer Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer: SOS Humanity konnte gestern 41 Menschen aus Seenot retten, doch die Überlebenden berichten von 7 über Bord gegangenen Personen. In der Nacht sterben an Bord der Humanity 1 zwei weitere Menschen. Die meisten der Geretteten sind Kriegsflüchtlinge aus dem Sudan.
Nach einer schwierigen Rettung am Freitagnachmittag südöstlich von Lampedusa und einer darauffolgenden dramatischen Nacht mit nunmehr 2 Toten an Bord, darf die Crew des Rettungsschiffs Humanity 1 nun Porto Empedocle als Ausschiffungshafen ansteuern. Von italienischen Behörden war ihr zunächst das 1.000 Kilometer entfernte Bari in Norditalien zugewiesen worden, um die verbliebenden 34 Überlebenden an Land zu bringen. Angesichts des schlechten Wetters und der medizinisch kritischen Situation an Bord mit schwachen aus Seenot geretteten Menschen, darunter mehrere Minderjährige, war die Zuweisung eines weit entfernten Hafens in Norditalien nicht nur ein Verstoß gegen Seerecht, sondern auch unmenschlich.
Am Nachmittag des 3. Oktober 2025 hatte die Crew der Seenotrettungsorganisation SOS Humanity in unmittelbarer Nähe zum Rettungsschiff Humanity 1 ein überbesetztes, seeuntaugliches und manövrierunfähiges graues Schlauchboot entdeckt. Es befand sich in der maltesischen Rettungszone südöstlich der italienischen Insel Lampedusa. Die Menschen an Bord waren bereits seit mindestens 4 Tagen auf See, ohne Rettungsmittel und ausreichende Versorgung. Die Überlebenden berichten von mindestens 7 über Bord des Schlauchbootes gegangenen und ertrunkenen Menschen.
Als die Humanity 1 das Boot fand, war der Seegang mit bis zu 3 Meter hohen Wellen und starkem Wind gefährlich und bedeutete eine besondere Herausforderung für die Crew.
Die Crew der Humanity 1 brachte insgesamt 41 Menschen an Bord der Humanity 1. Mehrere Menschen waren bewusstlos, als sie an Bord genommen wurden, viele konnten kaum stehen oder laufen, alle waren dehydriert, unterkühlt und äußerst erschöpft. Eine Mutter und ein Kind wiesen schwere Verbrennungen auf, die durch Benzin-Salzwassergemische in den Schlauchbooten entstehen.
Der Abend und die Nacht waren geprägt von Notfallmaßnahmen. Eine Person musste nach der Rettung reanimiert werden, verstarb aber im Laufe der Nacht. Versuchte Notevakuierungen per Hubschrauber scheiterten auf Grund des Wetters. Eine weitere Person kollabierte an Bord, auch sie konnte trotz medizinischer Notfallmaßnahmen nicht gerettet werden. Erst beim dritten Anlauf konnten in den Morgenstunden schließlich 5 Menschen von der italienischen Küstenwache direkt vor Lampedusa notevakuiert werden, darunter die Mutter und das Kind.
Trotzdem ließen die italienischen Behörden die an Bord der Humanity verbleibenden 34 Geretteten nicht gemäß internationalem Seerecht in Lampedusa an Land gehen. Erst nach mehreren Anfragen von Seiten der Crew der Humanity 1 wurde der weit entfernte Hafen Bari zu Porto Empedocle auf Sizilien geändert.
Gestern vor 12 Jahren ereignete sich das große Schiffsunglück vor Lampedusa, bei dem Hunderte Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer starben. Angesichts der Fotos von langen Reihen von Särgen war das Entsetzen damals groß. Politiker fuhren nach Lampedusa, die EU versprach Abhilfe. Doch noch immer sterben im Schnitt drei Menschen pro Tag auf der Fluchtroute zentrales Mittelmeer und es gibt kein europäisch koordinierte Seenotrettungsprogramm, obwohl Seenotrettung gemäß Völkerseerecht staatliche Pflicht ist. Stattdessen sind zivile Organisationen wie SOS Humanity die einzigen Akteure im zentralen Mittelmeer, die die Pflicht zur Seenotrettung gemäß internationalem Recht durchführen und die dramatische Rettungslücke vor den europäischen Grenzen versuchen zu schließen.

und ein Videostatement (in Englisch und Italienisch, zum Abspielen bitte herunterladen) von Bord der Humanity 1 finden Sie zur ausschließlich redaktionellen Nutzung unter folgendem Link: Sharing – Album – teamnext | Media Hub
oder Interviewanfragen kontaktieren Sie bitte Barbara Hohl unter presse@sos-humanity.org oder +49 (0) 173 39 27 306.