Kritik an Irini-Mandat: Bundesregierung unterstützt libysche Milizen

Foto eines Schiffs der sogenannten libyschen Küstenwache auf dem Mittel
Max Cavallari / SOS Humanity

Berlin, 14. November 2025 – Der Deutscher Bundestag hat gestern die Verlängerung des Mandats für die EU-Marinemission EUNAVFOR MED IRINI beschlossen. In dem erneuerten Mandat wird die Unterstützung und Ausbildung der sogenannten libyschen Küstenwache nicht mehr ausgeschlossen. Dies war seit 2022 der Fall. 13 deutsche Seenotrettungsorganisationen und unterstützende Organisationen verurteilen das Vorhaben der deutschen Bundesregierung, libysche Akteure auf See zu unterstützen. In den letzten 10 Jahren wurden mehr als 60 gewaltsame Vorfälle auf dem Mittelmeer dokumentiert, inklusive eines 20-minütigen Beschusses des Seenotrettungsschiffs Ocean Viking im August 2025.

„Die sogenannte libysche Küstenwache begeht Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die deutsche Regierung entscheidet, sie zu unterstützen. Europas Außengrenzen werden mit Leichen gepflastert. Wir verurteilen das Vorhaben der Bundesregierung aufs Schärfste, Menschenrechte sind keine Verhandlungsmasse.“ – sagt Giulia Messmer, Sprecherin der Organisation Sea-Watch.

Erst kürzlich hatte die Organisation Sea-Watch per Informationsfreiheitsanfrage den aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Libyen erhalten. Darin wird auf Seite 4 betont, dass sich die Menschenrechtslage im Land nicht verbessert habe und weiter besorgniserregend bleibe. Weiterhin wird darin festgestellt, dass „semi-staatliche Akteure (Milizen) in Seenotrettung und DC-Management involviert“ sind (S.7). Die Abkürzung DC bezeichnet dabei ‚Detention Center-Management‘.

Im Jahr 2022 hatte SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht die Streichung der Ausbildung der sogenannten libyschen Küstenwache aus dem Mandat mit den schweren Verfehlungen gegenüber Flüchtenden und Hilfsorganisationen begründet.

Marie Michel, politische Sprecherin der Organisation SOS Humanity: „Die Menschenrechtslage in Libyen und auf See hat sich in den letzten Jahren sicherlich nicht verbessert. Wir fragen uns: Welchem moralischen Wertekompass folgt die deutsche Bundesregierung?“

Die Seenotrettungsorganisationen richten folgende Forderungen an den deutschen Bundestag:

  • Die Bundesregierung muss in ihrem Mandat deutlich festschreiben, dass keine Ausbildung, keine Ausrüstung und keine logistische Unterstützung für die sogenannte libysche Küstenwache geleistet werden wird.
  • Sie muss sich außerdem dafür einsetzten, dass die Ausbildung und Unterstützung der sogenannten libyschen Küstenwache aus der europäischen IRINI-Mission gestrichen wird.
  • Statt militarisierter Abschottungspolitik muss eine zivile, staatlich koordinierte Seenotrettung im zentralen Mittelmeer aufgebaut werden – Menschenrechte sind nicht verhandelbar.

Die 13 unterzeichnenden Organisationen stehen an der Seite derjenigen, die auf dem Mittelmeer ihr Leben riskieren.

Foto des Mittelmeers.
Isabelle Law / SOS Humanity
Unterzeichnende Organisationen: 

Captain Support Network
Mission Lifeline International e.V.
M.V. Louise Michel project
RESQSHIP e.V.
r42 – sail and rescue
SARAH Seenotrettung gUG
Sea-Eye e.V. 

Sea Punks e.V.
Sea-Watch e.V.
Seebrücke
SOS Humanity e.V.
SOS MEDITERRANEE Deutschland
United4Rescue – gemeinsam Retten e.V.

Weitere Informationen:

Für Rückfragen, Stellungnahmen oder Interviews wenden Sie sich bitte an Pressesprecherin Petra Krischok, presse@sos-humanity.org, +49 (0) 176 55250654