Erklärung GEAS

Türkises STOP GEAS Schild wird bei einer Demonstration hochgehalten. Dahinter ein blaues SOS Humanity Banner.
Wanda Proft / SOS Humanity

Erklärung gegen den neuen EU-Migrationspakt

Trotz der Warnungen von über 50 Zivil-Organisationen, haben sich EU Gesetzgeber*innen im Dezember auf einen neuen EU-Migrationspakt geeinigt. Diese Einigung ist lediglich eine Fortsetzung der Migrationspolitik die seit zehn Jahren zu einer Zunahme an Menschenrechtsverletzungen geführt hat. Der Pakt wird außerdem verheerende Auswirkungen auf das Recht auf internationalen Schutz in der EU haben und Menschenrechtsverletzungen, wir , racial profiling, standardmäßige Inhaftierung und Pushbacks grünes Licht geben. Am 10. April 2024 haben die Abgeordneten eine letzte Chance, die Dossiers in einer Plenarabstimmung abzulehnen und ein politisches Zeichen zu setzen gegen einen Pakt der der Grundrechte untergräbt.

Zusammengenommen werden die Verordnungen ein neues System zur „Kontrolle der Migration“ in der EU einführen, das sich durch folgende Merkmale auszeichnet:

Foto von starkem Wellengang auf dem Mittelmeer.
Maria Giulia Trombini/ SOS Humanity
System zur "Kontrolle der Migration"
Inhaftierung und Rückführung an den Grenzen

De facto Inhaftierung an den Grenzen ohne Ausnahmeregelung für Familien mit Kindern aller Altersgruppen, schlechtere und beschleunigte Verfahren zur Bearbeitung von Asylanträgen anstelle vollständiger und fairer Beurteilungen, und eine Bevorzugung von Rückführungsverfahren mit geringen Schutzmaßnahmen.

Geringere Schutzvorkehrungen und höheres Risiko

Weitaus mehr Asylbewerber*innen werden in Grenzverfahren landen und aufgrund der „legal fiction of non-entry“ nicht als im EU-Hoheitsgebiet befindlich betrachtet werden, was zu geringeren Schutzvorkehrungen führen würde und das Risiko von Menschenrechtsverletzungen und Pushbacks an den Grenzen erhöht. Auch unbegleitete Minderjährige können in Grenzverfahren festgehalten werden, wenn staatliche Behörden sie als „Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung“ betrachten. Wie es lange auf den Inseln der Ägäis zu beobachten war, führt das Festhalten von Menschen in Grenzgebieten nur zu chronischer Überfüllung und unmenschlichen Bedingungen.

Externalisierung von Asylanträgen

Durch die Ausweitung des Grundsatzes der „sicheren Drittstaaten“ werden Menschen, die Asyl beantragen, für unzulässig erklärt und zunehmend in Länder außerhalb der EU abgeschoben in die sie eine vage Verbindung haben. Dadurch erhöht sich die Gefahr einer unrechtmäßigen Rückführung. Diese Art von Externalisierung von Asylanträgen in Drittstaaten, konnten wir bereits in gescheiterten Abkommen wie dem EU-Türkei-Deal beobachten.

Kein Rückgang der Todeszahlen

Aufgrund des Mangels an sicheren und regulären Fluchtwegen, sind Schutzsuchende
Menschen gezwungen, immer gefährlichere Routen auf sich zu nehmen. Infolgedessen wurden im vergangenen Jahr allein im Mittelmehr mehr als 2.500 Menschen als tot oder verschwunden gemeldet. Die Dunkelziffer wird auf deutlich höher geschätzt. Der Pakt geht darauf nicht ein, sondern stärkt stattdessen weiter die Festung Europa.

Verstärkter Einsatz von Überwachungstechnologien

Ein verstärkter Einsatz von Überwachungstechnologien in allen Stadien des Migrations- und Asylverfahrens. Der Pakt stellt einen weiteren Schritt in Richtung Massenüberwachung von Migrant*innen und rassifizierten Menschen dar. An Grenzen und in Haftanstalten sollen vermehrt Systeme eingesetzt werden, die Bewegung von Menschen überwachen, sowie personenbezogene Daten in großer Menge sammeln und diese unter Polizeibehörden in der der gesamten EU teilen.

Menschenrechtsorganisationen haben immer und immer wieder über die systematische Verletzung der Grundrechte von Schutzsuchenden Menschen berichtet. Insbesondere rassifizierte Gemeinschaften, wird der Zugang zu Unterkünften, Dienstleistungen und Asyl verweigert, oft werden sie in großen Gruppen Opfer von Pushbacks. All das, während gleichzeitig eine Politik verfolgt wird, die darauf abzielt, Migration zu kriminalisieren und die den Raum für Zivilgesellschaft immer weiter schrumpfen lässt.

Die Kommission hat den neuen Pakt als „Lösung“ für die ungleichen Standards bei der Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems in den Mitgliedstaaten vorgestellt. Der Pakt schafft jedoch weder Abhilfe noch unterstützt er die Mitgliedstaaten, die eine große Zahl von Erstankömmlingen an den Außengrenzen aufnehmen. Das Prinzip des „ersten Einreiselandes“ bleibt bestehen und es wird keine verpflichtende Umverteilung von Menschen geben, die durch Such- und Rettungsaktionen gerettet wurden. Stattdessen können sich Mitgliedstaaten, die ankommende
Menschen nicht direkt aufnehmen, aus der gemeinsamen Verantwortung ziehen, indem sie Grenzanlagen oder Haftanstalten an den außen Grenzen, oder dubiose Projekte in Drittstaaten finanzieren.

Die Verhandlungen wurden von der Europäischen Kommission und der spanischen und belgischen Ratspräsidentschaft im Eiltempo zum Abschluss gebracht. Das führte zu einem mehr als 48-stündigen Verhandlungsmarathon im Trilog in dem das Parlament auch noch die letzten verbliebenen Schutzmechanismen im Pakt aufgeben musste. Was bleibt, ist ein äußerst komplexer Rechtsrahmen, der keine wirksame Lösung für die in den letzten Jahren aufgeworfenen Fragen der Migrationspolitik bietet und die Sicherheit der Menschen nicht gewährleisten kann. Das Abkommen widerspricht in seinem Kern allen Grundsätzen des Mandats des Rates.

Wir, die Unterzeichner, fordern die Abgeordneten auf, den Pakt in der Plenarabstimmung abzulehnen. Er schafft ein System, in dem das Recht, in der EU Asyl zu suchen, ernsthaft bedroht ist und indem Menschenrechtsverletzungen gegen Menschen aufgrund ihres Migrationsstatus in ganz Europa weiter gefördert werden.

Unterzeichnende Organisationen:

A World of Neighbours

A.S.G.I. (Associazione per gli Studi Giuridici sull’Immigrazione)

Abolish FronteX

Access Now

ActionAid International

aditus foundation

African Children and Youth Development Network (ACYDN)

AiA-Alternative Informatics Association

Alboan

AMERA International

Amnesty International

Andalucía Acoge

ARCI

Association for Legal Information (SIP)

Association promotion droits humains (Migration et droit)

Associazione ricreativa e culturale italiana (ARCI)

Avocats Sans Frontières

Be Aware And Share (BAAS)

Better Days Greece

Birlikte Yaşamak İstiyoruz İnisiyatifi (We Want to Live Together İnitiative) / Türkiye (Turkey)

Bits of Freedom

Boat Refugee Foundation

Border Violence Monitoring Network (BVMN)

Cairo Institute for Human Rights Studies (CIHRS)

Center for Legal Aid – Voice in Bulgaria

Centre for Peace Studies

Changemakers Lab

Churches´Commission for Migrants in Europe (CCME)

CILD

CIRÉ asbl

CNCD-11.11.11

Colectivo Indignado

Colectivos en lucha Extremadura

Collective Aid

Comisión Española de Ayuda al Refugiado (CEAR)

CONVIVE – Fundación Cepaim

Coordinadora Obrim Fronteres

Diotima – Centre for Gender Rights and Equality

Dråpen i Havet / Stagona

Draseis sti Geitonia

E.L. Foundation

ECCHR – European Center for Constitutional and Human Rights

ECHO100PLUS

EmpowerVan

Entreculturas

Epicenter.Works

Equal Legal Aid

Equinox Initiative for Racial Justice

Equipo Decenio Afrodescendiente- Spain

EuroMed Rights

European Alternatives

European Anti-Poverty Network (EAPN)

European Civic Forum

European Digital Rights (EDRi)

European Network Against Racism

European Sex Workers’ Rights Alliance

Extinction rebellion Málaga

Federation of protestant churches in Italy (FCEI)

Fédérations des tunisiens citoyens des deux rives (FTCR)

Fenix Humanitarian Legal Aid

Flucht, interkulturelle Arbeit, Migration, Diakonie Hessen,

forRefugees

From the Sea to the City

Fundación para la Innovación, Investigación, Formación y el Desarrollo Comunitario (FÜNDEC)

Geloof & Samenleving

Global Peace and Development Organization

Greek Council for Refugees (GCR)

Greek Forum of Migrants

Grenzenlose Wärme – Refugee Relief Work e.V.

Groupe d’information et de soutien des immigré⋅es (GISTI)

Grupa Granica

Hermes Center

HIAS Europe

Homo Digitalis

Hope Cafe Athens

Human Rights Legal Project

Human Rights Watch

HumanRights360

Humans in the Loop Foundation

I Have Rights

Infokolpa

Instance Nationale de Protection des Biens Publics et de la Transparence au

Maroc “INPBPTM”

Institute Circle

Inter Alia

International Rescue Committee

Irídia-Center for the defense of human rights

Italy Must Act

Jesuit Refugee Service Greece (JRS)

JRS Europe

JRS Malta (Jesuit Refugee Service)

Kerk in Actie

KISA Cyprus

Klikaktiv

LDH (Ligue des droits de l’Homme)

Legal Centre Lesvos

Legis

Lesvos Solidarity (LESOL)

Lighthouse Relief

Ligue des droits humains

Maldusa project

Médecins sans Frontières/Doctors Without Borders

medico international

Migrant Voice

Migration Consortium

Migration Policy group (MPG)

Migreurop

Mobile Info Team

Movimiento por la Paz (MPDL)

Mugak Zabalduz

Mv Louise Michel

Network for Children’s Rights (Greece)

No Name Kitchen

No One is Illegal

Northern Lights Aid

Novact

Ongi Etorri Errefuxiatuak

Oxfam

Pan African Alliance on Climate Change

Peace Institute (Mirovni inštitut)

Plataforma Ciudadana Caudete se Mueve

Politiscope

Privacy International

PRO ASYL

Project Armonia

Project ELPIDA e.V.

Quaker Council for European Affairs

r42 – Sail And Rescue

Reachout Foundation

Red Acoge

Red SOS Refugiados Europa

Red Umbrella Sweden

ReFOCUS Media Labs

Refugee Legal Support (RLS)

Refugees Welcome Italia

RESQSHIP e.V.

Salud por Derecho

Salvamento Marítimo Humanitario

Samos Volunteers

Save the Children

Sea-Eye e.V

Sea-Watch

Second Tree

Seebrücke

Servicio Jesuita a Migrantes – SJM

Sienos Grupė (Lithuania)

SOLIDAR

SOS Balkanroute

SOS Humanity

Statewatch

Stichting LOS

Still I Rise

Stop Border Violence

The European region of the International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA-Europe)

United Hands for Refugees e.V.

United4Rescue – Gemeinsam retten e.V.

Velos youth

Walk of Shame

Watch the Med Alarm-phone

We Gaan Ze Halen (Let’s Bring Them Here)

WissenschaftlerInnen für den Frieden Deutscland (Academics for Peace in Germany)

Yoga and Sport with Refugees

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