Jahresrückblick 2024
Auch im Jahr 2024 blieb das Mittelmeer eine der tödlichsten Grenzen für Menschen auf der Flucht. SOS Humanity war in diesem Jahr mit sieben Einsätzen auf dem zentralen Mittelmeer, um 1.822 Menschen aus Seenot zu retten und in sichere Häfen zu bringen. Diese Einsätze zeigen, wie dringend Seenotrettung dort weiterhin gebraucht wird.
Doch unsere Arbeit endet nicht auf See. An Land haben wir für eine humanere Asylpolitik demonstriert und politisch Druck gemacht. Mit Veranstaltungen, wachsender Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Italien und Veröffentlichungen, wie unserem Bericht „Menschlichkeit über Bord“ oder dem Positionspapier “Externalisierungspolitik der EU beenden!”, haben wir auf die Rechtsbrüche und Menschenrechtsverletzungen durch EU-Mitgliedstaaten oder durch die EU finanzierte Akteure aufmerksam gemacht.
Diese Übersicht der Ereignisse von 2024 ist nicht nur ein Rückblick auf unsere Arbeit und die politischen Entwicklungen. Die Chronologie ist durchdrungen von einem Appell für Menschlichkeit und Solidarität und dafür, dass die Menschenrechte auch an Europas Außengrenzen nicht verhandelbar sind.
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Gerettete1822
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Gerettete Minderjährige517
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Rettungseinsätze28
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Freiwilligengruppen8
Unser Jahr in Bildern:
Abschottungs-politik Deutschlands und der EU
Einschränkungen bei Flüchtlingsschutz und Asyl wie die GEAS-Reform im April 2024 markieren die Fortsetzung der Migrationspolitik, die seit Jahren zu einer Zunahme an Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen Europas führt. Inmitten hitziger Debatten zur Migrationsbegrenzung verabschiedet die Bundesregierung das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz, das humanitäre Hilfe für Flüchtlinge, auch Seenotrettung, an den Außengrenzen bestrafen soll. Wir protestieren und erzielen einen Teilerfolg. Besonders erfolgreich ist unsere Petition gegen die geplante Strafbarkeit von Seenotrettung, die über 137.000 Menschen unterzeichnen. SOS Humanity veröffentlicht außerdem den Bericht „Menschlichkeit über Bord“ mit eigenen Daten und Analysen zur andauernden humanitären Notlage auf dem Mittelmeer und im Dezember das Positionspapier „Externalisierungspolitik der EU beenden!“
Unrechtmäßige Festsetzung der Humanity 1
Am 4. März wird die Humanity 1, unrechtmäßig festgesetzt, nachdem die sogenannte libysche Küstenwache mit Waffengewalt in eine Rettung eingegriffen hat. Ein Zivilgericht in Crotone hebt zunächst die Festsetzung der Humanity 1 vorzeitig auf und urteilt später abschließend, dass die Festsetzung rechtswidrig war. Das Gericht stellt zudem fest: Die libysche Rettungsleitstelle und die sogenannte libysche Küstenwache können nicht als legitime Such- und Rettungsakteure im Mittelmeer betrachtet werden!
Italien-Albanien Abkommen
Italien und Albanien haben ein Abkommen zur Abwicklung von Asylanträgen von aus Seenot Geretteten in neuen Aufnahmelagern in Albanien geschlossen, in dem Geflüchtete inhaftiert werden. Die Externalisierungspraxis erschwert die Kontrolle der rechtlichen Standards, da Italien schutzsuchende Menschen außerhalb der EU ohne gerichtliche Prüfung festhält. SOS Humanity kritisiert diesen Verstoß gegen internationale See- und Menschenrechte und die Auslagerung von Verantwortung und fordert die Auflösung des Abkommens.
Open Ship
Im Rahmen des Open Ship-Events im September 2024 im sizilianischen Syrakus besuchen über 500 Einheimische und Tourist*innen unser Rettungsschiff, nehmen an einer der in vielen Sprachen angebotenen Führungen teil und sprachen mit Crewmitgliedern. Zudem veranstaltet SOS Humanity eine Podiumsdiskussion zur aktuellen humanitären und politischen Lage im zentralen Mittelmeer auf dem Schiff. Mit dabei sind Sandro Gallinelli, pensionierter Admiral der italienischen Küstenwache, Chiara Denaro, Rechtsexpertin für Migration, und Mirka Schäfer, politische Sprecherin von SOS Humanity.
SOS SESSIONS
Die SOS SESSIONS im Metropol Berlin sind ein besonderes Ereignis! Die Künstler*innen Amewu, Mia Morgan, BADCHIEFF, Von Wegen Lisbeth, Mayberg und Rola performen auf der Bühne vorüber 700 Zuschauer*innen. Ein einzigartiges Konzert mit der Botschaft: Wir halten zusammen! Durch den Abend führt Tarek Tesfu, der unseren Geschäftsführer Till Rummenhohl und unsere politische Sprecherin Marie Michel auf der Bühne zu der aktuellen politischen Situation und der Motivation für ihre Arbeit interviewt.
Tatort Mittelmeer
Bei der diesjährigen Benefizveranstaltung Tatort Mittelmeer im Düsseldorfer Schauspielhaus tragen prominente Schauspielende eindrucksvoll die Geschichten von Überlebenden und Crewmitgliedern vor. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung von dem Pianisten Aeham Ahmad. Wir sind überwältigt von der Anzahl an Zuschauer*innen und Unterstützer*innen im ausverkauften Theater und den vielen großzügigen Spenden.
Wir machen weiter!
Nach diesem ereignisreichen Jahr blicken wir hoffnungsvoll und entschlossen in die Zukunft. Hoffnungsvoll, weil wir 2025 dank unserer Partnerorganisationen und Spender*innen zu unserem zehnjährigen Bestehen weiter im dringend benötigten Rettungseinsatz sein können. Entschlossen, weil wir trotz politischer Herausforderungen weiterhin auf die Unterstützung der Zivilgesellschaft zählen können, die unsere lebensrettende Arbeit wertschätzt und voranbringt. Die Publikumszahlen bei unseren Veranstaltungen dieses Jahres haben diesen Rückhalt eindrucksvoll unterstrichen. Lasst uns diese Stärke bewahren und gemeinsam weitermachen: ALLE ZUSAMMEN FÜR SEENOTRETTUNG!