Zeit für die Werft

Nachdem unser Rettungsschiff zwei Jahre ununterbrochen im Einsatz war, ging es Ende 2024 in die Werft. Wie jedes andere Schiff muss auch unser Rettungsschiff, Humanity 1, in regelmäßigen Abständen ins Trockendock, um sicherzustellen, dass es seetüchtig bleibt – für weitere lebensrettende Einsätze auf dem Mittelmeer.
Der Vorgang, ein etwa 60 Meter langes Rettungsschiff aus dem Meer zu ziehen, ist sicherlich nichts, was jeden Tag miterlebt werden kann. Francis, unser Schiffs– und Einsatzkoordinator, beschrieb diesen Moment so:
„Als das riesige Schiff langsam aus dem Wasser auftauchte, wurde die schiere Größe seines Rumpfes deutlich sichtbar. Die Schichten von Meeresbewuchs wie Muscheln, die sich an der Unterseite festhielten, zeugten von den unzähligen Seemeilen, die es auf dem Meer zurückgelegt hatte. Es war ein unwirklicher Anblick, fast so, als ob das Schiff seine äußere Haut abstreifte und dabei das hart arbeitende Fundament freilegte, das es durch so viele Einsätze getragen hatte…
Das Geräusch von Wasser, das vom Rumpf abperlte, hallte im Trockendock wider, und das Sonnenlicht spiegelte sich auf der feuchten Metalloberfläche und hob die Stellen hervor, die der Aufmerksamkeit bedurften. Als ich sah, wie sich die Crew und die Maschinist*innen versammelten und auf die zu reparierenden und zu reinigenden Bereiche hinwiesen, wurde mir klar, welch immenser Aufwand und welche Koordination mit der Wartung eines Schiffes dieser Größe verbunden sind.“
Im Trockendock steht eine gründliche Kontrolle und Wartung bevor. Auch behördliche Anforderungen, wie zum Beispiel die Besichtigungen zum Nachweis der Klassifizierung des Schiffes und gesetzlich vorgeschriebene Inspektionen, die in der Regel alle fünf Jahre stattfinden, müssen berücksichtigt werden.

Der Propeller wird einer gründlichen Inspektion und Politur unterzogen, die Schiffsdichtungen, sogenannte Stevenrohrdichtungen, werden ausgetauscht. Dies gewährleistet eine optimale Antriebseffizienz, verringert den Widerstand und minimiert das Risiko eines Ölaustritts, was für die Einhaltung der Umweltauflagen und die Aufrechterhaltung der Betriebsleistung des Schiffes entscheidend ist.
Schichten von Meeresbewuchs, einschließlich Muscheln und Seepocken, werden vom Rumpf entfernt. Nach der Reinigung wird ein neuer Bewuchsschutzanstrich aufgetragen. Dies verringert den Widerstand, verbessert die Treibstoffeffizienz und ermöglicht es dem Schiff, sich schneller und effizienter durch das Wasser zu bewegen.
Der Vakuumtank wird ersetzt, was mit erheblichen baulichen Eingriffen verbunden ist, wie z. B. einem Schnitt in die Schiffswand. Diese Modernisierung wird das Abfallmanagementsystem des Schiffes verbessern und die Einhaltung der Umwelt– und Hygienevorschriften gewährleisten.
Verschiedene Systeme und Maschinen im Maschinenraum werden überholt, um einen zuverlässigen Betrieb sicherzustellen. Dazu gehören eine umfangreiche Inspektion und die Behebung von Verschleißerscheinungen, die die Leistung beeinträchtigen könnten. Diese Reparaturen und Wartungsarbeiten sind nicht nur für die Sicherheit des Schiffes wichtig, sondern tragen auch zu seiner Effizienz und Langlebigkeit bei.
Für eine derart umfangreiche Wartung werden viele Hände benötigt. Derzeit arbeiten etwa 25 Crewmitglieder, darunter 7 Freiwillige, daran, die Humanity 1 für ihre Rückkehr auf See fit zu machen. Engagiere dich ebenfalls und unterstütze uns auf See und auf Land!
Die Wartung ist jedoch nicht nur eine Aufgabe, die alle paar Wochen an Land durchgeführt werden muss. Um sicherzustellen, dass das Schiff effizient und einsatzbereit bleibt, arbeiten Crewmitglieder – besonders die zwei Maschinist*innen, die bei jedem Einsatz an Bord sind, ständig an Reparaturen und Wartungsarbeiten an Bord.

Tägliche Überprüfungen kritischer Systeme wie Motoren, Generatoren und Navigationsausrüstung werden durchgeführt, um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
Das Maschinenraumteam führt regelmäßige Wartungsarbeiten an den Maschinen durch, einschließlich Ölwechsel, Austausch von Filtern und Überwachung der Kraftstoff- und Wassersysteme, um einen reibungslosen Betrieb aufrechtzuerhalten.
Die Techniker*innen inspizieren und warten häufig die elektrischen Systeme und stellen sicher, dass die wichtigsten Kommunikationsgeräte, wie Schiffsverortungssystem AIS und Radar, ohne Unterbrechung funktionieren.
Die Rettungsausrüstungen wie Schwimmwesten, Centifloat (Bananas) und Rettungsboote werden regelmäßig inspiziert und gewartet. Die Decksbesatzung sorgt auch dafür, dass Seile, Winden und Kräne in gutem Zustand sind.
Salzwassereinwirkung beschleunigt Verschleiß und die Bildung von Rost. Die Decksbesatzung führt regelmäßige Reinigungen durch und behandelt Metalloberflächen und Beschläge mit Korrosionsschutzmitteln.
Kleinere Probleme wie Lecks, lockere Armaturen oder kleine mechanische Fehler werden sofort mit Bordwerkzeug und Ersatzteilen behoben.