Ein Schiff braucht einen Ingenieur: Emmanuel über seine Arbeit als Zweiter Ingenieur an Bord der Humanity 1
Emmanuel ist Teil des Ingenieurteams an Bord der Humanity 1. Er arbeitet als Zweiter Ingenieur und ist seit Januar 2023 Teil von SOS Humanity. Wir treffen ihn auf dem Schiff, das derzeit im Hafen von Syrakus auf Sizilien liegt, wo Vorbereitungen für den nächsten Einsatz laufen.
Wie hast du von ziviler Seenotrettung im zentralen Mittelmeer erfahren und was hat dich dazu motiviert, bei SOS Humanity zu arbeiten?
Mein Freund Joshua arbeitet hier als Zweiter Offizier. Das hat mich dazu gebracht, mich über die zivile Seenotrettung zu informieren. Ich habe früher als Ingenieur auf Handelsschiffen gearbeitet. Dann habe ich erfahren, dass es in Europa zivile Seenotrettungsschiffe gibt. Also habe ich mich beworben. Dann habe ich zunächst bei anderen Seenotrettungsorganisationen gearbeitet, bevor ich zu SOS Humanity gewechselt bin.
Im Moment liegt das Schiff im Hafen, doch bald startet der nächste Einsatz. Was sind deine jetzigen Aufgaben und welche werden es auf See sein?
Die Aufgabe eines Zweiten Ingenieurs besteht in der Wartung der Maschinen und der Ausrüstung. Wenn wir mechanische Probleme haben, muss ich dem leitenden Ingenieur Bericht erstatten und dann eine Lösung finden, um das Problem so schnell wie möglich zu beheben. Zu meinen Aufgaben gehört es auch dafür zu sorgen, dass die Sicherheitsstandards im Maschinenraum eingehalten werden sowie andere Ingenieure einzuarbeiten.
Während der Liegezeit im Hafen haben wir ein geplantes Wartungssystem mit einem Zeitplan für verschiedene Aufgaben, die für jede Maschine erledigt werden müssen. Das reicht von den Motoren über die Generatoren bis hin zu den Kläranlagen und Frischwassererzeugern. Jeden Morgen setzen wir uns mit dem Chefingenieur zusammen, entscheiden über die wichtigsten Aufgaben und beginnen mit der Ausführung. Auf See übernehmen wir auch andere Aufgaben, wie die Verteilung von Lebensmitteln oder die Unterstützung bei der Registrierung von Überlebenden.
Was gefällt dir an deiner Arbeit?
Oh, sehr viel. Ich liebe Maschinen und dass ich meine Position als Ingenieur nutzen kann, um die zivile Seenotrettung zu unterstützen.
Was findest du an deiner Arbeit schwierig?
Oft finden Rettungen nachts statt. Manchmal hast du also deine Ingenieursaufgaben für den Tag erledigt und in der Nacht musst du dann retten, retten, retten. Das kann wirklich herausfordernd sein. Und besonders wenn wir schwangere Frauen oder unbegleitete Kinder retten, wird es emotional sehr intensiv. Das wirkt sich auf die gesamte Besatzung aus.
Was sind deine Wünsche oder Forderungen in Bezug auf die zivile Seenotrettung?
Ich wünsche mir, dass die Europäische Union anerkennt, dass sich Menschen in Seenot befinden, dass sie gerettet und an einen sicheren Ort gebracht werden müssen. Dafür ist es wichtig, dass wir Überlebende in nahegelegene Häfen an Land bringen dürfen, damit wir schnell in die Such- und Rettungszone zurückkehren können. Dies ist derzeit nicht möglich, da uns nach der Rettung oft weit entfernte Häfen zugewiesen werden. Die italienische Regierung sollte den zivilen Seenotrettungsorganisationen die notwendige Unterstützung bereitstellen. Außerdem möchte ich alle dazu ermutigen, sich ehrenamtlich in der zivilen Seenotrettung zu engagieren, damit diese weitergeführt werden kann.
[Dieses Interview wurde im September 2024 auf Englisch von Onlinekommunikations-Praktikantin Hannah Förster an Bord der Humanity 1 geführt.]
