Fares über seine Arbeit als Cultural Mediator an Bord

Halbtotale von Fares mit blauen SOS Humanity T-Shirt an Bord der Humanity 1 mit weißem Hintergrund und Ausblick auf den blauen Himmel und das Meer
Max Hirzel / SOS Humanity

Fares war während der letzten Rotation als Cultural Mediator auf der Humanity 1. Als solcher war er Teil des Care-Teams und half dabei, an Bord ein respektvolles Miteinander zu ermöglichen. Er verringerte die Sprachbarrieren durch Übersetzungsarbeit, übernahm Konfliktmanagement und schaffte Verständnis für kulturelle Unterschiede. Es war bereits das zweite Mal, dass Fares diese wichtigen Aufgaben übernahm. Nach seinem letzten Einsatz an Bord im Oktober und November 2022 haben wir ihn nach seinen Beweggründen, politischen Forderungen und Wünschen gefragt.

Warum bist du hier und was motiviert dich, die zivile Seenotrettung zu unterstützen?

Ich bin im Jahr 2007 nach Italien gekommen. Dadurch habe ich den Beginn der Revolution in Syrien nur aus der Ferne beobachtet und konnte nichts tun. Das hat weh getan. Ich habe sogar davon geträumt, war aber zu weit weg, um meinen Teil dazu beizutragen.

In einem Sozialzentrum, das ich regelmäßig besuchte, sagte man mir: „Wenn du den Menschen helfen willst, kannst du das auch hier tun. Mit deiner Sprache! Du kannst Cultural Mediator werden für Menschen, die in Europa ankommen.” Daraufhin habe ich eine Ausbildung gemacht und mich mehr und mehr in diesem Bereich engagiert, bis ich qualifiziert und erfahren genug war, bei dieser Rotation mit an Bord der Humanity 1 zu sein.

Fares, Cultural Mediator an Bord der Humanity 1 ,bei der Arbeit auf dem Schiff.
Max Hirzel / SOS Humanity

An den wichtigsten Jahren in meinem Heimatland habe ich mich nicht engagiert, weshalb ich mich schuldig fühle. Mit meiner Arbeit für die Gesellschaft möchte ich nachholen, was ich während der Revolution versäumt habe. Im Grunde hatte ich das Bedürfnis, irgendetwas zu tun. Deshalb ist mein Einsatz in diesem Sinne auch ein bisschen egoistisch.

Hier auf dem Schiff habe ich vor allem das Gefühl, dass ich helfen kann, weil es die nächstgelegene humanitäre Notsituation ist, in der ich den Menschen aus meiner Heimat helfen kann. Es ist der erste Schritt für die Menschen, die von dort fliehen, und ich versuche, ihnen bei der Ankunft zu helfen und ihnen alles zu erklären, was ich weiß. Das Schiff selbst ist für mich nicht so wichtig, sondern die die Menschen auf ihrem Weg zu unterstützen.

Was bedeutet Menschlichkeit für dich?

Es klingt wie ein Klischee, aber das erste Wort, das mir in den Sinn kommt, ist Toleranz.

Ich war so froh, dieses Wort auf den Blättern zu lesen, die an verschiedenen Stellen an Deck aushängen und die die Werte an Bord der Humanity 1 mit den geretteten Menschen teilen. Versetz dich erst mal in die Lage anderer Menschen, bevor du Ratschläge erteilst oder deine Stimme erhebst.  

Was sind deine politischen und/oder humanitären Forderungen?

Wenn ich eine Utopie erschaffen könnte, würde es keine Politiker*innen und keine Grenzen geben. In meinen Augen sind beide völlig nutzlos. Sie schaden mehr als sie nützen. In dieser idealen Welt gibt es gar keinen Bedarf an Politiker*innen oder Grenzen.

"Grenzen sind etwas Künstliches, das von Menschen geschaffen wurde. Es ist reiner Zufall, wo man geboren wurde. Das ist nicht fair."

Bist du etwa in den USA geboren, kannst du überall hinreisen. Meine einzige realistische Forderung aber ist, dass alles nicht noch schlimmer wird. Vor 100 Jahren konnten Menschen aus der Türkei einen Zug nehmen und vom Norden bis zum Jemen im Süden fahren, ohne dass sie einen Ausweis vorzeigen mussten. Sie konnten arbeiten und nach Hause zurückkehren, ohne dass sie sich dafür rechtfertigen mussten. Das ist heute nicht mehr so. Es wird immer schlimmer.

Wir behandeln Fremde wie Kriminelle, bevor sie etwas Schlimmes getan haben. Es sollte genau umgekehrt sein. Ich vertraue dir, ohne dich zu kennen. Bevor du etwas Falsches tust, hast du mein Vertrauen. Nur falls du etwas Falsches tust, dann müssen wir reden.

Was wünschst du dir für 2023?

Um realistisch zu sein, ich glaube nicht, dass alles in Ordnung gebracht werden kann, aber ich wünsche mir, dass es nicht schlimmer wird. Ob es um den Krieg in der Ukraine, die Krise im Iran oder ganz allgemein um Menschen geht, die wegziehen müssen, aber davon abgehalten werden. Ich hoffe einfach, dass sich die Bedingungen für all diese Menschen nicht verschlechtern.

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