Die Rolle der Hebamme an Bord

Im Woman Shelter mit bunt bemalten Wänden und Vorhängen auf der Humanity 1 gib es einen abgetrennten Bereich für die Hebamme.
Max Hirzel / SOS Humanity

Frauen, die von Libyen über das Mittelmeer fliehen, haben meist für uns Unvorstellbares erlebt: Auf der Flucht und in Libyen wurden sie auf vielfache Weise ausgebeutet und missbraucht. Sie erleben immer wieder sexualisierte Gewalt. Manche sind in der Folge von Vergewaltigungen schwanger. Andere fliehen mit ihren kleinen Kindern, um ihnen ein besseres Leben oder Schutz vor Gewalt, z.B. Genitalverstümmelung, zu bieten.

Deshalb ist es uns wichtig, aus Seenot gerettete Frauen und ihre Kinder an Bord unseres Rettungsschiffes besonders zu schützen. Zu diesem Zweck haben wir ein „Women Shelter“, also einen abgetrennten Schutzraum nur für Frauen und ihre Kinder. Kein Mann, auch nicht aus dem Rettungsteam, darf diesen betreten. Hier können sich die Frauen, oft nach Jahren zum ersten Mal, sicher fühlen.

Eine Frau mit kleinem Kind und Tellern in der Hand, die lächelt. Oft öffnen sich Frauen nur der Hebamme gegenüber.
Nicole Thyssen / SOS Humanity

Von großer Bedeutung für die Frauen ist auch die Position der Hebamme an Bord. Erfahrene Hebammen kommen ehrenamtlich für einen Rettungseinsatz zu uns an Bord, um speziell für die Frauen da zu sein. Schwangere können von der Hebamme, meist zum ersten Mal, professionell untersucht werden. Sie haben die Möglichkeit, von ihren Problemen und Beschwerden zu berichten und mithilfe des Fetaldopplers an Bord kann die Hebamme die Herztöne ihres ungeborenen Kindes kontrollieren und für die Frauen hörbar machen.Auch eine mobile Ultraschallsonde steht bei Bedarf für eine ärztliche Untersuchung zur Verfügung. Sollte ein Problem festgestellt werden, das eine umgehende Behandlung erfordert, kann die Hebamme zusammen mit der Bordärztin oder dem Bordarzt eine Evakuierung und Einweisung in ein Krankenhaus in Italien veranlassen. Für die Untersuchungen steht ein gynäkologischer Stuhl zur Verfügung, der im verschließbaren Vorraum zum „Women Shelter“ und mit einem Sichtschutz versehen für die notwendige Intimsphäre sorgt.

Bei dem Rettungseinsatz im Mai/Juni 2023 ist Holly, 27 Jahre alt, aus Großbritannien an Bord der Humanity 1. Sie freut sich auf ihre Arbeit mit den Frauen, ist aber auch auf die Abgründe vorbereitet, mit denen sie konfrontiert werden könnte, wenn die Frauen ihre Erlebnisse mit ihr teilen.

„Meine Motivation, SOS Humanity zu unterstützen, bestand nicht nur darin, Frauen klinische Geburtshilfe zu bieten, sondern auch ein offenes Ohr sowie einen Ort des Vertrauens und der Ruhe für Frauen und Familien zu bieten. Ich hoffe, dass ich etwas Würde, Freundlichkeit und Mitgefühl in einer sicheren, erholsamen Umgebung vermitteln kann.“

Durch die Untersuchungen, Behandlungen und ihre vorsichtigen, einfühlsamen Fragen zur allgemeinen Gesundheit und dem, was ihnen widerfahren ist, wird die Hebamme vielfach zur Vertrauten der geflüchteten Frauen. Manchmal öffnen sie sich und erzählen zum ersten Mal, was sie bis dahin allein tragen mussten. Somit erfüllt die Hebamme nicht nur die medizinische Aufgabe im engeren Sinne, sondern bei den Frauen in besonderem Maße auch das Ziel von SOS Humanity, die Geretteten zu schützen und zu begleiten.

Es gibt Rettungen, bei denen nur wenige Frauen und keine Schwangeren aus den seeuntüchtigen Booten an Bord der Humanity 1 gebracht werden. In diesen Fällen kümmert sich die Hebamme vorrangig um die Gesundheit der anwesenden Frauen und Kinder und unterstützt Ärztin oder Arzt sowie Sanitäter*in bei den Behandlungen von allen Geretteten in der Bordklinik, verteilt Tabletten gegen Seekrankheit an Deck und kümmert sich um das Wohlbefinden aller – auch der Männer.

Behandlung eines Geretteten durch das medizinische Team in der Klinik auf dem Rettungsschiff Humanity1
Nicole Thyssen / SOS Humanity

CARE

Außer der Hebamme kümmert sich auch das restliche Care-Team bestehend aus Care-Koordinator*in, Protection Beauftragt*er, Mental Health Beauftragte*r, Cultural Mediator, Arzt*Ärztin und Rettungssanitäter*in oder Krankenpfleger*in um die Gesundheit der Geretteten.

Um die medizinische Versorgung der Geretteten an Bord sicherzustellen, benötigen wir pro Tag 125 Euro. 

 

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