Erklärt! Notversorgung geretteter Menschen an Bord der Humanity 1

Behandlung eines Geretteten durch das medizinische Team in der Klinik auf dem Rettungsschiff Humanity1
Nicole Thyssen / SOS Humanity

Menschen in Seenot müssen gerettet werden! Diesem Grundsatz folgend, sind wir mit unserem Rettungsschiff Humanity 1 im zentralen Mittelmeer im Einsatz, um Menschen auf der Flucht vor dem Ertrinken zu retten.

Während und nach der Rettung aus Seenot hat die Versorgung und Gesundheit der Überlebenden oberste Priorität:
Viele sind erschöpft, dehydriert oder unterkühlt. Andere sind chronisch krank, haben Verletzungen erlitten oder während ihrer Flucht psychisch belastende Erfahrungen gemacht. Deshalb ist es eines unserer dringlichsten Ziele, die geretteten Menschen an Bord zu versorgen und medizinisch sowie psychologisch zu unterstützen.

Jede Spende hilft, die medizinische Versorgung geretteter Menschen sicherzustellen. Spende jetzt!

Wie wir dieses Ziel auf der Humanity 1 umsetzen und die Notversorgung der Geretteten sicherstellen, erklären wir in diesem Übersichtartikel. Komm an Bord und lerne unser Care-Team kennen, erfahre welche Schritte auf die Ankunft der Geretteten an Deck folgen, was unser Rescue-Kit enthält und wie unsere Bordklinik ausgestattet ist!

Das Care-Team auf der Humanity 1

Gesundheit hat eine körperliche und eine psychische Komponente. Dieses Verständnis spiegelt sich auch in der Zusammensetzung unseres Care-Teams an Bord der Humanity 1 wider. Das heißt konkret, dass wir jeweils eine Person mit ärztlichen, rettungsdienstlich-/pflegerischen, geburtshilflichen und psychologischen Hintergründen im Team haben und zusätzlich noch die Position der/des Schutzbeauftragte*n.

Darüber hinaus wird jedes Teammitglied in Trainings darauf vorbereitet, im Notfall physische und psychische erste Hilfe leisten zu können.

Regale mit Medikamenten und medizinischem Equipment in der Bordklinik auf der Humanity 1
Arez Ghaderi / SOS Humanity
Unser Care-Team
Care Koordinator*in

Leitet und koordiniert das Care-Team basierend auf den notwendigen Tätigkeiten und vorhandenen Fähigkeiten.

Protection Beauftragte*r

Verantwortet die Registrierung der Geretteten nach ihrer Ankunft an Bord und die Wahrung ihrer Schutzbedürfnisse.

Mental Health Beauftragte*r

Identifiziert Menschen mit psychischen Belastungen und leistet im Rahmen der Ersthilfe psychologische Unterstützung

Arzt*Ärztin
  • Leitet das medizinische Team, ist verantwortlich für die Bordklinik und führt medizinische Behandlungen durch.
Rettungssanitäter*in / Krankenpfleger*in

Ist in Zusammenarbeit mit der*dem Ärztin*Arzt und der Hebamme für die medizinische Versorgung der Geretteten verantwortlich.

Hebamme
  • Übernimmt die medizinische Betreuung von Schwangeren, Frauen allgemein sowie von Säuglingen.
Kultureller Mediator

Hilft bei Übersetzungsarbeiten und schafft Verständnis für kulturelle Unterschiede.

Ankunft an Bord

So wie sich jeder Rettungseinsatz unterscheidet, ist auch das Ankommen der geretteten Menschen an Deck immer abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten. Wie viele Menschen gerettet werden, wie viele Kinder, ältere oder schwache Personen sich unter ihnen befinden und ob es einen oder gleich mehrere medizinische Notfälle gibt, sind wichtige Faktoren, die die Vorbereitungen an Bord beeinflussen.

Deshalb stehen die Teams auf See und an Bord in ständigem Austausch. Während das Such- und Rettungsteam auf dem Wasser im Einsatz auf ist, bereiten sich das Care-Team und alle anderen verfügbaren Teammitglieder auf die Ankunft der Geretteten vor.

Die Registrierung ist vorbereitet und die sogenannten Rescue Kits sind bereitgestellt. Sollte es medizinische Notfälle geben, wird das Team an Bord vorher informiert und kann so notwendige medizinische Ausrüstung – wie beispielsweise eine Trage – bereithalten. Geste

Einer geretteten Person wird vom schnellen Rettungsboot an Bord der Humanity 1 geholfen.
Nicole Thyssen / SOS Humanity

Willkommen: Eine kleine Geste

Teammitglieder helfen den geretteten Menschen von der Bordleiter an Deck, wo sie immer als erstes willkommen geheißen werden. Es ist nur eine kleine Geste, aber die Begrüßung der Menschen ist wichtig, um einen ersten Kontakt herzustellen und ihnen zu vermitteln: Ihr seid hier willkommen und ihr seid sicher!

Dabei findet schon bei der Ankunft der Menschen an Bord unter Umständen ein Verfahren zur Einordnung medizinischer Hilfeleistungen (Triage) statt. Je nach Lage findet sofort eine medizinische Behandlung statt – wie Kreislaufstabilisierung – oder die betreffende Person wird für eine akute Notversorgung sofort in die Bordklinik gebracht.

Schnellcheck Benzingeruch

Darüber hinaus achten die die Menschen in Empfang nehmenden Teammitglieder darauf, ob Gerettete nach Benzin riechen oder einen desorientierten Eindruck machen. Beides weist darauf hin, dass sie längere Zeit dem stark ätzenden Benzin-Wasser-Gemisch, welches sich häufig am Boden der Schlauchboote sammelt, ausgesetzt waren. Für diese Fälle steht eine Notfall-Dusche direkt vor der Klinik. So können gegebenenfalls ernsthafte Verletzungen der Haut gleich erfasst werden.

Nach dem Ablegen der Rettungsweste erfolgt die Registrierung und die Ausgabe der Rescue Kits. Die Registrierung ist eine weitere Maßnahme, mit der sich das Care Team einen Überblick zu medizinischen Fällen sowie besonders schutzbedürftigen Personen verschafft. Die Registrierung dient außerdem der Erfassung der genauen Zahl der geretteten Menschen und wie viele Kinder, Frauen, Schwangere oder andere schutzbedürftige Personen sich darunter befinden. Rescue-Kit

Inhalt eines Rescue-Kits trockene Kleidung, Hygieneartikel, Trinkwasser

Das Rescue-Kit

Alle Geretteten erhalten es bei ihrer Ankunft an Bord. Da viele Menschen unterkühlt sind, enthält es wärmende und trockene Kleidung sowie eine dicke Fleecedecke.

Außerdem befinden sich Trinkwasser und gleichzeitig leicht bekömmliche und nahrhafte Energieriegel in dem Kit, um der im Rahmen der schwierigen Flucht über das Meer häufig auftretenden Dehydrierung und Mangelversorgung entgegenzuwirken.

Darüber hinaus enthält das Kit ein Handtuch, Zahnbürste, Zahnpasta und Seife, damit die geretteten Menschen ihre grundlegendsten hygienischen Bedürfnisse erfüllen können. Sobald die Registrierung abgeschlossen ist, haben alle Geretteten die Möglichkeit zu duschen und sich umzuziehen.


Die Kosten für ein Rescue-Kit belaufen sich auf 41,70 pro Stück.

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Klinik

Zu sehen ist die Bordklinik. Auf der linken Seite eine Krankenliege. Dahinter und rechts im Bild Regale mit Materialien.
Max Cavallari / SOS Humanity

Unsere Bordklinik

Akute medizinische Notfälle behandelt das medizinische Team entweder sofort an Deck oder, wenn die Möglichkeit zum Transport besteht, in unserer Bordklinik.

Diese ist für eine erste Notversorgung mit zwei Liegen, zwei mobilen und einem fixen Defibrillator sowie Beatmungsgeräten mit Sauerstoffflaschen und Operationsbesteck ausgestattet.

Mehr zur Ausstattung der Klinik und den notwendigen Behandlungen könnt ihr im Interview mit Michael, der als Notfallsanitäter arbeitet und den Aufbau der Klinik unterstützt hat, nachlesen.

In der Klinik werden jedoch nicht nur Notfälle behandelt. Im Rahmen der Flucht gibt es viele Faktoren, die den Gesundheitszustand der Geretteten beeinflussen.

Physische Faktoren aufgrund der Fluchterfahrung

Dazu gehören Mangelversorgungen, Auswirkungen fehlender medizinischer Betreuung, aber auch Verletzungen, dermatologische Beschwerden oder Seekrankheit.

Psychische Faktoren aufgrund der Fluchterfahrung

Diese beziehen sich auf Auswirkungen unterschiedlichster Gewalterfahrungen während der Flucht – insbesondere in Libyen.

Individuelle Faktoren

Darunter werden beispielsweise chronische Erkrankungen, aber auch Schwangerschaften gefasst.

Bestmöglich ausgestattet

In unserer Bordklinik sind zur Behandlung von Wunden Salben und Verbandsmaterial, für Hautkrankheiten entsprechende Medikation, außerdem (fiebersenkende) Schmerzmittel und Präparate gegen Seekrankheit vorrätig. Auch Medikamente zur Behandlung von Asthma, Diabetes, Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz sind vorhanden.

Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit Ultraschalluntersuchungen durchzuführen und können auf die besonderen medizinischen Bedürfnisse von Schwangeren und Säuglingen eingehen.

Mit 46 Euro können wir pro Tag 100 Gerettete medizinisch versorgen.
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Crewmitglied im Gespräch mit einem Geretteten auf der Humanity 1
Nicole Thyssen / SOS Humanity

Die besondere Mental-Health Position

Um die notwendige psychologische Erstversorgung von Geretteten sicherzustellen, ist unser Care-Team multi-disziplinär aufgestellt und beinhaltet die Position der*des Mental-Health-Beauftragten.

Zum einen werden die Geretteten über das Angebot der psychologischen Ersthilfe informiert und können die Crew an Bord jederzeit dazu ansprechen. Zum anderen verbringt der*die Mental-Health-Beauftragte viel Zeit an Deck und im Austausch mit den Geretteten, um Anzeichen psychologischer Belastungen zu identifizieren und darauf zu reagieren.

Welche Beobachtungen unsere Mental-Health-Beauftragte Lisa im Einsatz gemacht hat, kannst du hier nachlesen.
Kind in weißer Jacke und mit Rettungsdecke als Rock geht von der Humanity 1 an Land. Links und rechts sind die Schutzanzüge der wartenden Menschen am Hafen zu sehen.
Nicole Thyssen / SOS Humanity

An Bord der Humanity 1 können wir eine erste professionelle Notversorgung geretteter Menschen leisten. Um sicherzustellen, dass der Schutz und die Rechte der Menschen auch nach ihrer Ankunft an Land gewahrt werden, dokumentieren wir die uns bekannten Schutzbedürfnissen.

Diese werden schon vor der Ausschiffung der Geretteten mit den jeweils zuständigen Organisationen oder spezialisierten Stellen an Land geteilt. So können wir darauf hinwirken, dass bei der Ankunft der geretteten Menschen an einem sicheren Ort bereits geeignete Vorkehrungen getroffen werden.

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