Hope in Despair – Hoffnung in der Verzweiflung
Dieser Artikel wurde von Patrick, der als Maschinist in der vierten Rotation an Bord gewesen ist, aus Protest gegen die Ereignisse geschrieben, die am und nach dem 30. November 2023 stattfanden. An diesem Tag rettete unsere Crew 136 Menschen und bezeugte einen illegalen Pull-Back. Daraufhin wurde das Rettungsschiff Humanity 1 aufgrund falscher Behauptungen der italienischen Behörden festgesetzt.
Die menschliche Spezies hat sich in den letzten Jahrzehnten als widerstandsfähig erwiesen, wenn es um unser Überleben und unsere Existenz geht. An der Spitze der Nahrungskette geboren, sind wir hier auf der Erde angekommen, ausgestattet mit den grundlegenden, aber lebensnotwendigen Dingen, um unser Leben zu bestreiten. Einer dieser grundlegenden Überlebensinstinkte, die in der Maschinerie unseres Geistes fest verdrahtet sind, ist ein einfaches, aber hochentwickeltes „Etwas“, das wir Hoffnung nennen. Aus ihr erwächst der Drang zu überleben, zu gedeihen, Veränderungen vorzunehmen und zu akzeptieren.
Es wäre unverantwortlich zu glauben, dass unsere Existenz auf diesem Planeten einen Sinn hat, wenn diese Hoffnung auf der Strecke bliebe oder einem Menschen geraubt würde.
Die Hoffnung brannte in den Herzen von Männern und Frauen, die mutige Entscheidungen trafen, von denen einige so gefährlich waren, dass sie den ungeheuren Preis ihres eigenen Lebens bezahlen mussten; und damit die Hoffnung überhaupt einen Sinn hat, braucht sie „Füße“, um sich zu bewegen.
So müssen lebensverändernde Entscheidungen getroffen werden, während das Einschätzen des Risikos in der Regel auf den Gefühlen der Menschen beruht, auf dem, was sie um sich herum sehen, sei es Verfolgung, Hunger, Verwahrlosung, Folter. Sie entwickeln in sich selbst das Gefühl, das „Hoffnung“ mit sich bringt: Dass die Dinge besser werden können.
Viele Menschen aus Ghana lernte ich auf meiner Such- und Rettungsmission an Bord der Humanity 1 kennen, wo ich als dritter Maschinist arbeitete. Sie gehörten zu den vielen anderen Menschen, die wir gerettet haben und die entweder vor Verfolgung, Armut oder Konflikten geflohen sind. Wenn man sich ihre Geschichten anhört, kann man sich leicht vorstellen, warum sie so waghalsige Entscheidungen treffen und alles riskieren, um mit der Sahara und dem Mittelmeer die mitunter gefährlichsten Fluchtrouten zu überqueren, die je von Menschen erdacht wurden.
Mit nichts als Hoffnung ausgerüstet, nahmen einige von ihnen ihr Schicksal in die Hand, um dem Sturm und dem Risiko zu trotzen, das sie auf dieser gefährlichen Reise durch West- und Zentralafrika, durch die Wüsten und den Norden erwartete, auf einer Reise ohne Wiederkehr. Ihre Geschichten sind erschütternd und ergreifend, und tief in ihrem Inneren waren sie tatsächlich an einem Punkt angelangt, an dem sie aufgeben mussten, vor allem, als die Schmuggler, die sich als Schleuser ausgaben, um ihnen zu helfen, mit Banditen und uniformierten Beamten zusammenarbeiteten, um sie zu erpressen, sie zu foltern und manchmal sogar zu töten. Was hätte ihre zerrütteten Seelen noch aufmuntern, wenn nicht die Hoffnung, die sie aus ihrer weit zurückgelassenen Heimat und ihrem Land schöpften.
Als SOS Humanity stehen wir in all dem für Hoffnung. Die Humanity 1 symbolisiert für diese Überlebenden die Wiederherstellung der Hoffnung, die ihnen in Internierungslagern und Foltergefängnissen in Libyen oft genommen wurde. Während das übrige Europa diesen menschlichen Gräueltaten zusieht und über Entscheidungen wacht, die darauf abzielen, die grundlegenden Menschenrechte zu beschneiden, halten wir die Fahne der Hoffnung für diese Überlebenden hoch, die Schmerz, Ablehnung und Verzweiflung erfahren haben.
Wir sind keine Schmuggler oder Menschenhändler. Ich bin Ingenieur und arbeite so, wie es jeder Seemann tut, und meine Hauptaufgabe besteht darin, alles zu tun, damit mein Schiff, die Humanity 1, Überlebende an einen sicheren Ort bringen kann. Wir sind Besatzungsmitglieder an Bord eines Schiffes, das keine menschliche Fracht transportiert, wir sind kein Partyboot, das die Reichen und Wohlhabenden unterhält, wir transportieren keine schädlichen Chemikalien nach Europa.
Unsere Arbeit zu kriminalisieren und uns ungerechtfertigte Sanktionen und Geldstrafen aufzuerlegen, ist daher einfach absurd, schikanös und unmenschlich. Wir, zusammen mit anderen Organisationen, die diese humanitäre Pflicht teilen, um Leben auf dem Meer zu retten, können dies nur vom Ende dieses Teufelskreises aus tun. Dieser Teufelskreis, finanziell und politisch gefördert, wird nicht aufhören sich zu drehen, solange die Korruption, die Lügen, und die Missachtung der Würde der Menschen, bestehen bleiben.